Jedes Jahr von neuem wird im kambodschanischen Kampong Cham während der Trockenzeit eine Bambusbrücke über den Mekong auf die Insel Koh Pen gebaut. Solange die Bambusbrücke noch nicht fertig ist, legt man das letzte Stück per Fähre zurück. Mit unseren Rädern setzen wir bis zur halbfertigen Brücke über, strampeln über das biegsame Bambusgeflecht bis zur Insel Koh Paen. Dort erwartet uns ein kleines ländliches Insel-Paradies mitten im Mekong.
Kolonialstadt Kampong Cham am Ufer des Mekong
Meine Rundreise durch Vietnam und Kambodscha führt mich für einen kurzen Aufenthalt in die leicht verschlafene, aber charmante Kolonialstadt Kampong Cham, die immerhin die drittgrößte Stadt des Landes ist. Unter Kambodscha-Reisenden gilt die Provinzmetropole (noch) als Geheimtipp. Die Hauptstadt der gleichnamigen Provinz wird vom Mekong geprägt. Als breites, rötlich-braunes Band zieht sich der legendäre Strom durch Kampong Cham. Auf der Uferpromenade trifft man sich abends zum Flanieren und für einen Plausch, immer mit Blick auf den Mekong. Typisch für die Altstadt von Kampong Cham sind die zahlreichen französischen Kolonialbauten, die mit ihrer Patina und Nostalgie für romantisches Flair sorgen.
Wer etwas mehr Zeit mitbringt, kann außerdem die Sehenswürdigkeiten der Umgebung erkunden, beispielsweise die Tempel Wat Nokor Bachey und Wat Moha Leap, die Kautschukplantage von Chup oder die Phnom Han Chey-Pagode mit einem schönen Blick auf den Mekong.
Doch die Hauptattraktion der Stadt ist die Bambusbrücke über den Mekong, die Kampong Cham mit der Insel Koh Pen (auch Koh Paen) verbindet.
Lesetipp: In 20 Fotos um die Welt – KambodschaDie Bambusbrücke von Kampong Cham
Viele Jahre lang waren die Bambusbrücke und die Fähre – je nach Jahreszeit – die einzige Verbindung zur Mekong-Insel Koh Paen. Erst mit der Eröffnung der modernen Brücke vor wenigen Jahren hat sich das geändert. Doch die traditionelle Bamboo Bridge ist einfach legendär: Mit fast einem Kilometer gehört sie zu den längsten Bambusbrücken der Welt. Das Erstaunliche: Die flexible Konstruktion aus dem nachwachsenden Rohstoff Bambus ist stabil genug, um Motorräder, Autos und sogar LKWs zu tragen!
Jedes Jahr wird die kunstvolle Bambuskonstruktion neu errichtet, um die Insel im Fluss mit der Provinzhauptstadt zu verbinden. Denn wenn die Trockenzeit kommt – also ungefähr von November bis Juni – wird durch den sinkenden Wasserpegel der Mekong für die Fähre unschiffbar. Solange das Wasser noch tief genug ist und sich die Bambusbrücke noch im Bau befindet, wird ein Teilstück per Fähre zurückgelegt. Sobald die Regenzeit einsetzt und die Wasser des Mekongs wieder anschwellen lässt und der Fluß zu einem reißenden Strom wird, muss die Brücke wieder aufgegeben werden. Etwa die Hälfte des Materials kann im nächsten Jahr wieder verwendet werden. Ein jährlicher Kreislauf aus Auf- und Abbau, der über Jahrzehnte zum Leben der Bewohner von Koh Pen und Kampong Cham dazugehörte – lediglich unterbrochen während der Zeit der Schreckensherrschaft der Roten Khmer.
Mit dem Rad von Kampong Cham auf die Insel Koh Pen
Wenn Du Dir in Kampong Cham ein Rad ausleihst, kannst Du einen gemütlichen Tagesausflug auf die Mekong-Insel unternehmen und das kambodschanische Landleben kennenlernen. Unsere Radtour startet direkt an unserem Hotel nahe der Uferpromenade. Ein Guide erwartet uns bereits mitsamt der gemieteten Räder. Nach einer kurzen Begrüßung und einem kleinen technischen Check der Räder schwingen wir uns in den Sattel und fahren das kurze Stück bis zur Anlegestelle der Fähre. Es ist November und die Bamboo Bridge befindet sich noch im Bau.
Abenteuerliche Fähre über den Mekong
Wir reihen uns ins Getümmel und suchen ein Plätzchen für unsere Fahrräder. Das schwimmende Gefährt ist ganz schön rustikal, der Motor hustet und spuckt als die Fähre durch das braune Wasser pflügt. Ich beobachte, wie der Fährmann das Steuer, das in einem früheren Leben wohl mal das Lenkrad eines Traktors war, und das Holzruder bedient, um geschickt in Richtung der halbfertigen Bambusbrücke zu manövrieren.
Es knirscht und federt: Bambus unter den Rädern
Kaum erreichen wir das Ende der Brücke, strömen die Passagiere von der Fähre herunter. Wir lassen alle an uns vorbeiziehen und gehen in aller Ruhe von Bord, um das letzte Stück bis zur Insel über die Bamboo Bridge zurückzulegen. Ein bisschen mulmig wird einem schon, wenn man merkt, wie das Bambusgeflecht unter den Füßen nachgibt. Noch stärker merkt man, wie der Bambus zurückfedert, wenn man in die Pedale tritt. Dabei knirscht es munter vor sich hin – kaum zu glauben, dass die Konstruktion stabil genug ist, um Geländewagen und Trucks auszuhalten!
Idyllisches Dorfleben auf Koh Pen
Am Ufer angekommen, geht es über sandige Wege eine kleine Böschung hinauf. Von dort hat man einen guten Blick über die Bamboo Bridge, im Hintergrund ist die neue Betonbrücke zu erkennen. In der Mittagshitze ist es schwül, doch die Insel ist grün und die Bäume spenden willkommenen Schatten. Beim Radeln sorgt der Fahrtwind zusätzlich für Abkühlung. Ein Weg durchzieht die Insel von Nord nach Süd, er ist ca. 12 km lang. Nur wenige Streckenabschnitte sind befestigt, meist geht es über Schotterstraßen oder holprige Pfade.
Auf Koh Pen leben rund 3.000 Menschen, die meisten sind Fischer oder leben von der Landwirtschaft. Wir fahren mit unseren Rädern über von dichtem Grün umgebene Feldwege und schauen den Bauern bei der Arbeit zu. Angebaut werden u.a. Bambus, Zuckerrohr, Sesam, Tabak, Mais, Bohnen, Reis, Jackfruit, Pomelos, Bananen und Kokosnüsse. Pferde- und Ochsenkarren sind nach wie vor beliebte Transportmittel und zuckeln gemächlich über die Insel.
Schnell erreichen wir das Dorf Kaoh Mitt. Viele der aus Holz gebauten Stelzenhäuser zieren bunte Türen und die Gärten sind voller Blumen. Der Platz unter den Häuser ist luftig und kühl, viele Familien nutzen ihn, um Hängematten aufzuhängen oder als eine Art Wohnzimmer. Saftig grün sind die Bananenstauden und Obstbäume, die die Gärten umringen. Am Straßenrand sind immer wieder Stände oder einfach Körbe zu sehen, welche die geernteten Früchte zum Kauf anpreisen. In einigen Höfen stehen Kühe, die träge den Kopf heben, als wir vorbei radeln.
Der schmucke, kleine Tempel von Koh Pen
Wir legen einen kurzen Stop beim Tempel ein: Farbenprächtige Statuen leuchten uns entgegen. Vor der Pagode spielen Kinder und winken uns schüchtern zu. Was für ein friedvoller Ort!
Bevor wir die Insel wieder verlassen machen wir Halt bei einer Familie im Dorf, die uns Haus und Hof zeigt. Zur Erfrischung kommen Früchte aus dem heimischen Garten auf den Tisch. Besonders lecker sind die saftig-süßen Pomelos.
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Rechtzeitig zum Sonnenuntergang endet unser Fahrradausflug nach Koh Pen – mit der letzten Fähre setzen wir das kurze Stück von der halbfertigen Bambusbrücke zum Flussufer auf der anderen Seite über. Im Licht der untergehenden Sonne breiten Fischer ihre Netze im Mekong aus.
Neue Brücke macht der Bambusbrücke von Kampong Cham Konkurrenz
Ich bin im November 2014 durch Vietnam und Kambodscha gereist und habe während dieser Rundreise den Ausflug über die Bambusbrücke von Kampong Cham auf die Mekong-Insel Koh Pen unternommen. Doch in den letzten Jahren hat sich einiges verändert, die traditionelle Bambusbrücke in dieser Form ist Geschichte. Denn 2017 wurde zwei Kilometer südlich die neue Brücke aus Beton eröffnet: Sie hält den Wassermassen des Mekong auch während der Regenzeit stand, ist also ganzjährig befahrbar – und das ohne Gebühren zahlen zu müssen.
Für viele damit verständlicherweise eine gute Alternative zur traditionellen Bambusbrücke. Was das Ende der kunstvollen Bambus-Konstruktion bedeutete, denn der Aufwand und die Kosten für den jährlichen Bau und die Instandhaltung sind hoch und können nur durch eine Mautgebühr finanziert werden. Die wiederum sorgt dafür, dass immer mehr Passanten die kostenfreie, moderne Brücke nutzen. Daher gibt es inzwischen nur noch eine kleinere Version der Bambusbrücke, die nicht mehr von Fahrzeugen genutzt werden kann. Es sind hauptsächlich Touristen, die die Brücke zu Fuß oder mit dem Rad überqueren und so die Erinnerung an die Original-Bambus-Brücke von Kampong Cham lebendig halten.
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Die Bambusbrücke von Kampong Cham ist ein außergewöhnliches Beispiel von Ingenieurskunst. Kaum zu glauben, dass diese fragil erscheinende Konstruktion sogar die Überfahrt von LKWs ermöglichte! Selbst als wir mit den Rädern über das Bambusgeflecht fahren, federt und knirscht der Untergrund bei jeder Pedalumdrehung.
Bleibt die Frage, ob die Bambusbrücke auch in den kommenden Jahren noch unterhalten werden kann – vielleicht kann ihr Dasein als Touristenattraktion ja ihre Existenz sichern. Ich würde es mir wünschen…
Kennst Du die Bamboo Bridge von Kampong Cham? Vielleicht warst Du ja sogar vor Ort und kannst berichten, wie die Situation aktuell ist?
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